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Die historische Entwicklung des Urheberrechts in den USAVon Carolin Schosser* Erstveröffentlichung am 15. Dezember 2003 Die Wurzeln des US-amerikanischen Urheberrechts liegen im England, wo bereits im 15. Jahrhunderts der in Deutschland entwickelte Buchdruck großen Anklang fand. Mit dem "Licensing Act" von 1662 wurde dem aufblühenden Pressewesen und den Verlegern ein Monopol an ihrer Arbeit zugesprochen und ein Verzeichnis über lizenzierte Bücher angelegt, das von der "Stationer`s Company", einer Gruppierung von Herausgebern, verwaltet wurde. Erst 1710 wurde die "Statute of Anne" zum Schutz von Buchhändlern und Publizisten vom englischen Parlament verabschiedet. Dieser Akt sprach einem Schriftsteller ein urheberrechtliches Eigentum an seinem Werk zu, das für die nächsten 14 Jahre gesichert sein sollte. Ferner war eine Erneuerung seiner Rechte um weitere 14 Jahre möglich, solange der Autor noch lebte. Darüber hinaus wurde der sogenannte "Public Domain" geschaffen, was so viel bedeutet, dass der Eigentümer des Urheberrechts nach Ablauf dieser Zeit auf den Gebrauch seines Werkes keinen Einfluss mehr hat. Seit dem in Kraft treten der "Statute of Anne" vor fast 300 Jahren wurde das US-Recht auf dem Gebiet des Urheberrechts fortwährend korrigiert und erweitert, um so den Anforderungen des technischen Fortschritts gerecht werden zu können. Die ersten Urheberrechtsregelungen fügte der erste Kongress 1790 in die US-Verfassung ein. Dieser Urheberrechtsakt garantierte amerikanischen Autoren, Künstlern und Wissenschaftlern einen Schutz ihrer Werke für die nächsten 14 Jahre, wobei man nach dem Vorbild der "Statute of Anne" die Option einräumte, jenen Schutz um weitere 14 Jahre zu verlängern. Mit diesen Regelungen wollte der Kongress einen Anreiz für die Anfertigung von Land- oder Seekarten sowie für weiterführende Entwicklungen in der Wissenschaft schaffen. Im Jahre 1831 weitete man den Schutz von Werken auf 28 Jahre aus, wobei die Verlängerung um 14 Jahren beibehalten wurde. Damit bezweckte man, den amerikanischen Autoren einen umfangreicheren Schutz zu gewähren als der, der Schriftstellern in Europa zustand. Da das amerikanische Urheberrecht lediglich für amerikanische Veröffentlichungen galt, konnten im 19. Jahrhundert europäische Autoren ihre Werke nicht gewinnbringend vermarkten und waren daher gezwungen, ihre Schöpfungen zu Niedrigpreisen zu verkaufen. Die Entwicklung der sogenannten "Billigbuchbewegung" wurde nach dem amerikanischen Bürgerkrieg von kleinen aufstrebenden Verlegern vorangetrieben und somit zu einer Bedrohung für die Preisvorgaben großer und etablierter Herausgeber wie etwa Henry Holt. Daher schlossen sich um 1890 Autoren, Verleger und Druckerverbände zusammen, um einen Gesetzesentwurf für ein internationales Urheberrecht zu erreichen. Eine wesentliche Neuheit erfuhr der Urheberrechtsakt im Jahre 1909. Zum Einen wurden nun alle Arten von Urheberschaft erfasst und zum Anderen wurde die Verlängerungsmöglichkeit des urheberrechtlichen Schutzes nach Ablauf der ersten 28 Jahre nach Entstehung des Werkes von 14 Jahren auf 28 Jahre verlängert. Das Hauptanliegen bei dieser Ausweitung war der Schutz von Musikwerken, um so dem Komponisten eine adäquate Gegenleistung für den Wert seiner Komposition zu liefern. Die Schwierigkeit bestand darin, den Schutz des Komponisten mit den Interessen der Öffentlichkeit in Einklang zu bringen. Überdies gestaltete man die Änderungen so, dass gleichzeitig die Bildung von Monopolen unterbunden wurde, die dadurch entstehen könnten, dass die Rechte nur dem Komponisten gewährt werden. (H.R. Rep. No. 2222, 60th Cong., 2nd Sess., p. 7 [1909]). Mit der Zeit konnte das Urheberrecht in seiner bisherigen Form nicht mehr den gesteigerten technischen Anforderungen gerecht werden. Neuerungen traten nach entsprechenden Änderungsbemühungen schließlich 1976 in Kraft. Sie sollen Werke nicht nur gegen die neuen Kopiermöglichkeiten gesetzlich absichern, sondern gleichzeitig Grundsteine für einen späteren Beitritt der USA zur Berner Konvention legen. Eine der wesentlichen Veränderungen war die Ausweitung des urheberrechtlichen Schutzes auf 50 Jahre, während bestellte Arbeiten sogar für 75 Jahre geschützt sein sollten. Damit erstreckte sich der Schutz zum ersten Mal auf noch unveröffentlichte Werke. Außerdem wurde § 108 eingefügt, der es beispielsweise für Schul- oder Studiumszwecke, erlaubt, in einer Bücherei Kopien ohne besondere Erlaubnis anzufertigen. Bibliotheken dürfen nach Ausnahme des § 107 solche Kopien anzufertigen und zu verteilen. Indikatoren für die erforderliche Angemessenheit stellen der Zweck und der Charakter des Gebrauchs, die Art des Werkes, die Menge und ihr Verhältnis zum Gesamtwerk sowie die Auswirkungen des Gebrauchs auf einem potentiellen Markt dar (vgl. § 17 U.S. Code Band USC Paragraph). Ebenfalls 1976 berief der Kongress die "National Commission on New Technological Uses of Copyrighted Works" (CONTU) mit der Aufgabe ein, greifbare Grundsätze dafür zu entwickeln, welcher Nutzen aus geschützten Werken gezogen werden darf, ohne gegen das Urheberrecht zu verstoßen. Die Ergebnisse dieser Kommission sollten vor allem Bibliothekaren bei ihrer Arbeit und Urheberrechtseigentümern zu Gute kommen. Über diese Gesetzesreformen hinaus fanden private Verhandlungen zwischen Eigentümern und Nutzern von urheberrechtlich geschützten Materialien statt, die zu Richtlinien für den pädagogischen Gebrauch sowie für eine vorbehaltene private Verwendung führten. Diese Richtlinien gliederte man zwar nicht in das Gesetz ein; dafür fanden sie jedoch Aufnahme in dem Bericht, der die Verhandlungen über die Gesetzesänderung begleitete. Das1976 erlassene "Agreement on Guidelines for Classroom Copying in Not-for-Profit Educational Institutions with Respect to Books and Periodicals" nahmen 38 pädagogischen Organisationen und Verlegern an. Des Weiteren vereinbarten die einzelnen Parteien, dass im Laufe der Zeit eine Anpassung an die wandelnden Maßstäbe der Erziehung stattzufinden habe. 1988 traten die Vereinigten Staaten der Berner Konvention bei. Die "Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst" war 1886 von zehn europäischen Staaten, darunter auch Deutschland, ins Leben gerufen und im Abkommen von Rom im Jahre 1928 überarbeitet worden. Das Abkommen gesteht Autoren und Künstlern das erste Mal Rechte derart zu, gegen Bearbeitungen oder Änderungen ihrer Werke vorzugehen, die ihren Ruf oder Ansehen schädigen könnten. Der Berner Union beigetreten sind mittlerweile die meisten europäischen Staaten, Russland und ferner die Volksrepublik China. Die Mitgliedsländer sind verpflichtet, Gesetze zum Schutze des geistigen Eigentums in ihrer nationalen Gesetzgebung zu verankern und Bürgern anderer Mitgliedsstaaten die gleichen Schutzrechte wie den eigenen Staatsangehörigen einzuräumen. Dabei gelten die sogenannten Mindestrechte auch dann, wenn sie nicht in der nationalen Gesetzgebung verankert sind. So ist beispielsweise der Urheberrechtschutz gemäß Art. 7 I RBÜ (Revidierte Berner Übereinkunft von 1908) mindestens bis 50 Jahre nach dem Tode des Verfassers aufrecht zu erhalten. Diese Mindestrechte sollen eine gewisse Gleichbehandlung aller verbandseigenen Werke gewährleisten. Allerdings kann sich der Urheber im Ursprungsland nicht darauf berufen. Daher wird sich jeder Mitgliedsstaat, der seine eigenen Angehörigen nicht schlechter stellen will als Ausländer, bemühen, sein innerstaatliches Recht auf das Niveau der RBÜ zu heben. (Siehe Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 480, 12. Auflage 2002). Vor diesem Hintergrund ist auch die Änderung des US-Urheberrechts im Jahre 1979 zu verstehen. Nach der Gründung der World Trade Organisation (WTO) im Jahre 1994 trat ein Sonderabkommen ("Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights") über handelsbezogene Aspekte der Rechte am geistigen Eigentum, einschließlich des Handels mit Nachahmungen und Fälschungen, am 1.1.1995 in Kraft. Mit diesem Bündnis werden die bisherigen immaterialgüterrechtlichen Übereinkünfte nicht nur über den jeweiligen Geltungsbereich hinaus fast weltweit erstreckt, sondern vor allem durch Sanktionen gegenüber Staaten ergänzt, die sich nicht an das vereinbarte Schutzniveau halten. Eine dieser Sanktionen ist beispielsweise der Entzug von Handelskonzessionen nach einem Streitbeilegungsverfahrens durch die WTO. Inhaltlich sieht das TRIPS-Abkommen auf dem Gebiet des Urheberrechts unter anderem in Art. 4 TRIPS das Prinzip der Meistbegünstigung vor, welches einem Urheber einen Anspruch auf die gleichen Vorteile wie die am meisten begünstigten Mitglieder anderer Staaten einräumt. Ferner verankert Art. 1 TRIPS bestimmte Mindestrechte auf der Grundlage der RBÜ. Computerprogramme und Datenbanken werden gemäß Art. 10 TRIPS literarischen Werken gleichgestellt. Ferner sieht Art. 11 TRIPS ein Vermiet- und Verleihrecht vor. (Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 483, 12. Auflage 2002). Im Oktober 1998 unterzeichnete Präsident Clinton den "Digital Millennium Copyright Act" (DMCA). Mit diesem Gesetz wurden die beiden Übereinkünfte, die bei der Genfer Konferenz der WIPO im Jahre 1996 geschlossen wurden, umgesetzt. Demnach ist ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen den Rechten des Urhebers und den Interessen der Öffentlichkeit, besonders hinsichtlich Bildung, Forschung und Informationsbeschaffung zu finden. Außerdem sei ein redlicher Gebrauch digitaler Medien zu sichern. Der DMCA stellt beispielsweise das Umgehen von Kopierschutzmaßnahmen oder Verleihen beziehungsweise Verkaufen von Programmen mit dem Zweck des Kopierens von Software als Verbrechen unter Strafe. Im Juli 1999 verabschiedete die "National Conference of Commissioners on Uniform State Laws" (NCCUSL) den "Uniform Computer Information Transaction Act" (UCITA) als Mustergesetzvorlage, welche sie den Einzelstaaten zur Annahme vorlegte. Dieses Modell ist jedoch nicht unumstritten. So bemängeln dessen Gegner, dass es den Herausgebern von Software erlauben würde, die Vertragsbedingungen nachträglich zu ändern oder dass sie Kritik von Seiten der Käufer unterbinden könnten oder die Haftung für Mängel ihrer Software ablehnen könnten. Kritiker werfen der NCCUSL vor, sie würden den Herausgebern und Herstellern von Software ungerechtfertigt gegenüber den Verbrauchern Vorteile zusprechen und den Interessen der Verbraucher nicht gerecht werden. Mittlerweile haben auch die Verfassergremien des Modells UCITA aufgegeben; nur zwei Staaten haben es rezipiert. Mit dem "Digital Theft Deterrence and Copyright Damages Improvement Act" von 1999 setzte der Kongress eine bedeutsame Entwicklung zur Bekämpfung von Verstößen gegen das Urheberrecht durch. Bei geringen Gesetzesverletzungen wurden die Geldstrafen von 500 $ auf 750 $ erhöht, während der Höchstwert von 20 000 $ auf 30 000 $ festgesetzt wurde. Das Maximum für willentliche Verletzungen dagegen wurde nun nicht mehr auf 100 000 $ beziffert, sondern auf 150 000 $ angehoben. Anfang August 2002 brachte jene Kommission, die den umstrittenen UCITA 1999 einführte und in der Zwischenzeit weiter um Zustimmung für ihr Vorhaben warb, weitere 38 Verbesserungsvorschläge vor, die man schließlich nach längeren Debatten annahm. Darüber hinaus drängten die Abgeordneten auf zusätzliche Änderungen. Technologieanbieter wie etwa MP3, Gnutella oder Wrapstar stellen nach Ansicht mancher Musikverlage eine besondere Gefahr für Urheberrechtsbesitzer dar, da sie auf Grund der einfachen Kopiermöglichkeiten, ohne dass bei der Qualität Abstriche gemacht werden müssten, die Kontrolle über ihre Werke verlieren. Sie versuchen, mit dem Digital Rights Management Raubkopien entgegenzuwirken. Eine allgemein gebräuchliche Definition von Digital Rights Management Systemen hat sich bislang noch nicht herausgebildet. Es existieren jedoch mehrere Definitionsversuche. So verwendet beispielsweise Microsoft folgende Definition: "DRM is a technology that enables the secure distribution, promotion, and sale of digital media content on the internet". Diese Definition liefert zwar einen Anhaltspunkt, hat aber darin, dass sie sehr weit gefasst ist, einen entscheidenden Schwachpunkt. Daher wird beispielsweise die Ansicht vertreten, dass der Begriff des DRM Systems ein Sammelbegriff sei, worunter digitale Vertriebssysteme verstanden werden, die eine Kombination von technischen Schutzmaßnahmen mit Registrierungs- und Abrechnungsmechanismen enthalten. Das wichtigste Merkmal eines DRM Systems ist die Möglichkeit, einzelne Nutzungsvorgänge zu kontrollieren und individuell anzurechnen, um so Integritätsschutz, Identifizierung und Authentifizierung der vertriebenen Werke zu sichern. (Siehe von Diemar, Die digitale Kopie zum privaten Gebrauch, 2002). Die geschützten Dateien werden digital verschlossen, so dass nur jene Personen Zugriff auf die jeweiligen Dateien haben, die dafür bezahlt haben. Die Nutzung erfolgt ausschließlich per Internet, um so ein Kopieren oder eine private Weitergabe unmöglich zu machen. Mit dem DRM kann man ebenso die Verwendung von bloßen Ausschnitten verhindern. Außerdem wird jeder, der das DRM verwendet, registriert. DRM Systeme stellen andererseits jedoch eine Gradwanderung dar: Auf der einen Seite räumt man damit die Gefährdung von Urheberrechten durch digitale Kopien aus; auf der anderen Seite aber besteht auf Grund eines Spannungsverhältnisses zwischen Urheberrechten einerseits und Informationsrechten der Allgemeinheit andererseits die Gefahr der Beschneidung von Gemeinschaftsrechten. Diese entgegenstehenden Interessen sind in einen vernünftigen Ausgleich zu bringen. (Siehe Kröger, Informationsfreiheit und Urheberrecht, 2002) Um diesen neuartigen Missbrauchsmöglichkeiten begegnen zu können, berücksichtigt man auch diese Aspekte bei der urheberrechtlichen Gesetzgebung. In Europa zeigt sich eine ähnliche Entwicklung. So versuchte man beispielsweise die EU-Richtlinie 2001/29/EG bei der Urheberrechtsreform von 2003 in Deutschland umzusetzen. Das US-Urheberrecht befindet sich seit seiner Entstehung in einer ständigen Entwicklung, ohne die es nicht möglich wäre, mit dem immer weiterführenden technischen Fortschritt mitzuhalten. Anfangs konzentrierte sich die Gesetzgebung lediglich auf den Schutz von inländischen Erschaffern innerhalb der USA. Als sich mit der Zeit jedoch gravierende Nachteile dieser Ausrichtung zeigten, entschloss man sich, internationalen Abkommen wie z.B. der Berner Konvention beizutreten, um so den Schutz staatenübergreifend gewährleisten können. (Ausführliche Darstellung eines Supreme Courts-Urteils betreffs Urheberrecht unter: http://www.amlaw.us/schossergehrke.shtml ; detailliertere Informationen über die historische Entwicklung unter http://arl.cni.org/info/frn/copy/timeline.html ) * Carolin Schosser studiert seit 2001 Rechtswissenschaften an der Eberhards-Karls-Universität Tübingen. Im Sommer 2003 absolvierte sie im Rahmen der praktischen Studienzeit ein achtwöchiges Praktikum in der Kanzlei Berliner, Corcoran & Rowe, LLP in Washington, DC, wo sie sich u.a. mit Problemen des Urheber- und Markenrechts auseinandersetzte. Hauptseite / Main Page | Aktuelles Zitierweise / Cite as: Carolin Schosser, Die historische Entwicklung des US-amerikanischen Urheberrechts, http://www.amRecht.com/schosserurh.shtml (Dec. 15, 2003). |