Articles Edition
Vertragserfüllung in den USA USA: Jeder Staat mit eigenem Recht Googles Haftung für Bildersuche Internationaler Ausforschungsbeweis Punitive Damages im Supreme Court: State Farm Auf Deutsch: US-Recht Zivil-/Zivilprozessrecht Öffentliches Recht Straf-/Strafprozessrecht Sonstiges In English: German Law Authors / Verfasser Wahlstation Washington © 1991-2017 C. Kochinke, Rechtsanwalt u. Attorney at Law, Washington, DC, USA |
"Do-not-call"-Listen-Verordnung verfassungswidrigvon Wolf Marx Erstveröffentlichung: 26. September 2003 Die der "Do-not-call"-Liste der Federal Trade Commission (FTC) zugrunde liegende Verordnung ist von zwei Bundesgerichten für verfassungswidrig erklärt worden. Betroffen ist damit ein Drittel der amerikanischen Haushalte als geschätzte Zahl der Konsumenten, die sich seit dem 28. Juni in die Liste eingetragen haben, vgl. Ryan J. Foley, "Court Blocks "Do not call" Program", The Wall Street Journal, 26.09.2003. Hintergrund Zweck der Liste ist es, Konsumenten vor unerwünschtem kommerziellen Telefonmarketing zu schützen. Hierzu sollten am 1. Oktober 2003 neue Regelungen der FTC in Kraft treten. Nach diesen kann bei einem Anruf mit Verkaufshintergrund eine Strafe von bis zu 11.000 US-Dollar verhängt werden, wenn sich die gewählte Telefonnummer in der Liste befindet. Entsprechende Unternehmen müssen die Liste alle drei Monate überprüfen, um unerwünschte Anrufe auszuschließen, siehe Associated Press, "Do-Not-Call" List left in limbo by court rulings", 26.09.2003. Im Dezember 2002 hatte die FTC Regelungen zur Schaffung der "Do-not-call"-Liste herausgebracht. Der amerikanische Kongress verabschiedete daraufhin am 28. Januar 2003 den Do-Not-Call Implementation Act, welcher die Eintreibung der vorgesehenen Strafgebühren garantierte. Präsident Bush unterzeichnete zudem im Februar den Omnibus Appropriations Act, der die FTC zur Vollstreckung ihrer "Do-not-call"-Regelungen ermächtigte. Urteil des U.S. District Court for the Western District of Oklahoma v. 23. September 2003. In diesem Urteil (U.S. Security v. FTC, W.D. Okla., No. CIV-03-122-W, 9/23/03) sprach Richter Roy Lee R. West der FTC die rechtliche Kompetenz zur Einrichtung einer "Do-not-call"-Liste ab. Alleine die Federal Communications Commission (FCC) sei aufgrund des Telephone Consumer Act (TCPA) ausdrücklich zur Schaffung einer nationalen "No-call" - Datenbank ermächtigt gewesen. Nach dem Consumer Fraud and Prevention Act (TCFAP) habe der Kongress die FTC lediglich zur Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Handlungsweisen beim Telemarketing (abusive telemarketing acts or practises) autorisiert#46; Die FTC habe vielmehr die entsprechende Kompetenz unrechtmäßig an sich gezogen. Das Schweigen eines Bundesgesetzes über die Verleihung einer bestimmten Rechtssetzungskompetenz bedeute gleichzeitig die Verweigerung, eine Behörde entsprechend zu ermächtigen, siehe American Business Association v. Slater, 231 F. 3d 1, 8 (D.C. Cir. 2000). Das Argument der FTC, der Kongress habe durch seine Gesetzgebung die Behörde nach dem TCFAP zur Schaffung der Liste ermächtigt, blieb erfolglos. Laut Richter West erfolgte die Kompetenzübertragung nicht eindeutig genug, der Kongress habe vielmehr nur die Handlungen der FTC bestätigt. Als Reaktion auf das Urteil wurde am 25. September mit überwältigender Mehrheit eine Gesetzesvorlage verabschiedet, die der FTC eindeutige Kompetenzen zur Durchführung des "Do-not-call"-Programms zuwies. Der 25. September brachte eine weitere Überraschung. Urteil des U.S. District Court for the District of Colorado vom 25. September 2003 Am gleichen Tag befand ein Bundesgericht in Denver, Colorado die "Do-not-call"-Liste wegen eines Verstoßes gegen das First Amendment der Bundesverfassung für verfassungswidrig, siehe Mainstream Marketing Services, Inc. v. Federal Trade Commission, D. Colo., No. 03-N-0184, 9/25/03. Das Recht auf freie Meinungsäußerung erfasse auch die kommerzielle Rede (commercial speech), also den Vorschlag, ein entgeltliches Geschäft abzuschließen (speech that proposes a financial transaction). Das First Amendment schütze davor, einer Art von Rede gegenüber einer anderen durch staatliche Regelungen zu bevorzugen. Deswegen dürfen auch nicht die Anrufe wohltätiger Organisationen von den Beschränkungen der FTC-Regelungen ausgenommen und damit privilegiert werden. Denn dies bedeute eine Manipulation des Auswahlverhaltens der Konsumenten, verbunden mit einer zu starke Einmischung in deren Entscheidungen. Im Ergebnis stelle dies nach Ansicht des Gerichts einen hinreichend schwerwiegenden Eingriff in das verfassungsmäßig garantierte Recht auf kommerzielle Rede dar. Ausblick Nach Ablehnung einer Aussetzung der Urteilsanordnungen legte die FTC gegen das Urteil des U.S. District Court for the Western District of Oklahoma Berufung beim 10th U.S. Circuit Court of Appeals in Denver ein, siehe Associated Press, "Do-not-call" List left in limbo by court rulings", 26.09.2003. Wie das rechtliche Schicksal der "Do-not-call"-Liste verläuft, bleibt abzuwarten. Die Telemarketing-Unternehmen sehen einer endgültigen Klärung ebenso angespannt entgegen wie Millionen verunsicherter "Do-not-call"-Unterzeichner: Aufgrund der Auswirkungen der Liste droht ein Rückgang ihrer Anrufe um 80 Prozent, siehe William Glanz, U.S. court voids "do-not-call" list, Washington Post, 25. September 2003. * Der Verfasser studierte Rechtswissenschaften an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau. Seit Oktober 2001 ist er Referendar am Landgericht München. Zur Zeit absolviert er seine Wahlstation in der Kanzlei Berliner, Corcoran & Rowe LLP in Washington, DC, USA. Hauptseite | Main Page |