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Das Europäische Wettbewerbs- und Kartellrecht für UnternehmenErstveröffentlichung: 11. Januar 2001 von Thorsten Dardat*
Die maßgeblichen Vorschriften des Wettbewerbsrechts befinden sich in den Artt. 81-89 EG. Nach dem EGV liegt eine Zweiteilung vor. Die Vorschriften Artt 81-86 EG richten sich an Unternehmen, während Adressat der Artt. 87-89 EG die Mitgliedstaaten der EG sind. Ein Bedürfnis für die Regelung im EGV liegt in den vielfältigen Gefahren des Wettbewerbs und damit für die den Mitgliedstaaten immanenten Wirtschaftssyteme einer kapitalistisch ausgerichteten, zumeist mit sozialen Elementen verstärkten, Marktwirtschaft. Namentlich sind die Gefahren die Monopolisierung, Kartellisierung und die Durchsetzung des Wettbewerbs mit unfairen Mitteln. Demgegenüber steht das Schutzgut mit dem Schlagwort Industrial Property als die Summe der einem Unternehmen zustehenden Schutzrechte aus den detaillierteren einzelstaatlich geregelten Wettbewebs- und Kartellrechten und dem Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes, insbesondere dem Marken- und Urheberschutzrecht. A. Wettbewerbsregeln für Unternehmen im EGVDer Tatbestand des Art. 81 EG verbietet generalklauselartig Vereinbarungen oder abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen. Der Unternehmensbegriff ist weit zu verstehen und erfaßt auch Freiberufler, also denjenigen, der nicht in persönlicher Abhängigkeit in der Verrichtung seiner Tätigkeit steht. Als Vereinbarung oder Beschluss gilt jedwege Form der Übereinkunft. Schliesslich fällt unter Art. 81 EG jedes informierte Verhalten als die gegenüber einer Vereinbarung schwächere Form der abgestimmten Verhaltensweise, da auch sie den Wettbewerbsdruck wegnimmt (das ist zu verneinen beim bloßen gentlemen agreement) In kausaler Verknüpfung muß durch eine Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise eine Verfälschung des Wettbewerbs eintreten. Voraussetzung dessen ist freilich das Vorhandensein eines Wettbewerbs. Eine Beschränkung, Verfälschung oder gar Verhinderung eines Wettbewerbs kann in zweierlei Art geschehen. Zum einen durch abgestimmte Verhaltensweise infolge von Verträgen zwischen Unternehmen verschiedener Wirtschaftsstufe (Hersteller-Vertriebsmittler-Vertrieb-Verbraucher; zB durch Beschränkung des Verkaufsgebiets oder die Festlegung von Verkaufspreisen). Man spricht in einem solchen Fall von einer vertikalen Wetbewerbsbeschränkung. Es ist aber auch denkbar, daß eine abgestimmte Verhaltensweise durch Verträge zwischen Unternehmen gleicher Wirtschaftsstufe und damit unter Konkurrenten erfolgt (zB Marktaufteilung, Preissabsprache, gemeinsamer Einkauf), also eine horizontale Wettbewerbsbeschränkung. Art 81 I EG zählt über dies Regelfallbeispiele auf, die zu einer Verfälschung, Einschränkung oder Verhindrung des Wettbewerbs führen. a) Da es sich um EG Wettbewerbsrecht handelt, muß infolge der bereits geschilderten denkbaren Verhaltensweisen von Unternehmen der Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt werden, zumindest aber muß das verhaltensabgestimmte Verhalten dafür geeignet sein. Wenn aber das Kriterium die Wettbewerbsbeschränkung mit Auswirkung auf den Warenverkehr zwischen den EG-Mitgliedstaaten ist, dann sind natürlich nicht nur Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat von dem EG Wettbewerbsrecht erfaßt, sondern auch Unternehmen in anderen Staaten, die nicht zur EG gehören. Denn auch ihr Marktverhalten ist potentiell geeignet, den Handel im Geltungsbereich der EG zu unterbinden oder zu stören. Der Europäische Gerichtshof erfaßt seit seiner Zellstoff-Entscheidung (EuGH Slg. 1988, 5193) mit den Artt. 81, 82 EG alle wettbewerbsbeschränkenden Handlungen, die sich auf den Binnenmarkt auswirken oder auf eine wettbewerbsbeschränkende Auswirkung gerichtet sind. Nach der Entscheidung des EuGH kommt es zu allererst darauf an, wo das Kartell durchgeführt wird und weniger darauf, wo es tatsächlich gebildet wird. Folglich betreffen die im EGV getroffenen Regelungen auch US-amerikanische Unternehmenskartelle oder -monopole, die sich auf den EG-Binnenmarkt auswirken. b) Die skizzierte enorme Reichweite der Generalkausel Art. 81 EG bedarf der Einschränkung. Anerkannt sind zum einen nicht tatbestandsmäßige Sonderfälle: - Selektiver Vertriebsweg: grundsätzlich muß einem Unternehmen die Wahl seines Vertriebsweges überlassen bleiben. Art. 81 EG findet danach keine Anwendung bei ausgewählten Händlern, die ausschließlich das Produkt vetreiben sollen; das ist oft der Fall bei sogenanntem "Edelvetrieb" (Luxusprodukte). Zum andern regelt Art 81 III EG ein System der Legalausnahme, ein Freistellungsprinzip. Daraufhin ist eine Vielzahl von Verordnungen ergangen. Es sind Gruppenfreistellungen und Einzelfreistellungen zu unterscheiden. Die Gruppenfreistellung von Unternehmens(gruppen) bezieht sich auf Unternehmensabsprachen, die zwar kartell- oder monopolartige Strukturen aufweisen, jedoch letztlich nur über einen Marktanteil von unter 30% verfügen. Sie gelten als ungefährlich. Alles, was über die 30%-Grenze hinausgeht ist nicht mehr von der pauschalierten Gruppenfreistellung begünstigt, kann jedoch gegebenenfalls als Einzelfall freigestellt werden (Prinzip der Einzelfreistellung). Freistellungen können sowohl von vertikalen, als auch von horizontalen Wettbewerbsbeschränkungen erteilt werden. Während sich Art. 81 EG gegen ein Verhalten, das zu einer Marktbeherrschung führen kann, richtet, ist die Zielsetzung des Art. 82 EG eine ganz andere. Danach soll dem Mißbrauch bereits vorhandener Marktmacht entgegengewirkt werden. Prinzipiell ist dieser Vorschrift zufolge nichts gegen Marktmacht einzuwenden, wenn sie nicht mißbraucht wird. a) Der Tatbestand des Art. 82 EG enthält folgendes: aa) Es muß ein Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung vorliegen. - der Unternehmensbegriff ist wie bei Art. 81 EG weit zu verstehen und erfaßt auch Freiberufler bb) Erforderlich ist die mißbräuchliche Ausnutzung der marktbeherrschenden Stellung. Mißbrauch ist der bewußte Einsatz der beherrschenden Stellung innerhalb des Marktes zur eigen Vorteilsgereichung, ganz gleich ob das vertikal oder horizontal geschieht. In der Praxis spielen Zusammenschlüsse und die Gewährung von Treuerabatten eine große Rolle. Daneben enthält Art. 82 II EG Regelbeispiele. b) Infolge der mißbräuchlichen Ausnutzung der marktbeherrschenden Stellung eines Unternehmens (Tatbestand des Art. 82 EG) muß der Gemeinsame Markt beeinträchtigt werden. Das dürfte vor dem Hintergrund der sehr ausgedehnten Rechtsprechung zum Schutze des Freien Warenverkehrs nach Art 28 ff. EG durch den EuGH unschwer zu bejahen sein. a) Art. 81 II EG enthält eine Nichtigkeitsregelung für spürbar wettbewerbsbeschränkende Klauseln in Verträgen. Sie wird nach deutschem Recht aus §§ 134, 138, 242 BGB hergeleitet. b) Bei Verstößen gegen Art. 82 EG können Private einen Schadensersatzanspruch nach § 823 II BGB iVm Art. 82 EG geltend machen. Daneben besteht aber auch die Möglichkeit nach § 1004 BGB die Unterlassung einer Eigentumsbeeinträchtigung anzustrengen. Ebenso wie bei Art. 81 EG ist die Nichtigkeit einzelner vertraglicher Klauseln aus §§ 134, 138, 242 BGB herzuleiten (! NICHT der ganze Vertrag ist nichtig !). Schließlich kann von EG wegen ein Bußgeld erhoben werden gem. Art. 83 EG iVm VO Nr 17. Die von dem Wettbewerbsbeschränkungsrecht (Artt. 81, 82 EG) betroffenen Unternehmen können sich im Wege einer Untätigkeitsklage nach Art. 232 EG oder einer Nichtigkeitsklage nach Art. 230 IV EG an den EuG wenden. Der EuG ist die 1. Instanz, geschaffen infolge der Einheitlichen Europäischen Akte von 1987, die die eingefahrenen Abstimmungs- und Blockadestrukturen seit den Luxemburger Übereinkünften von 1966 zu überwinden half. Gegen ein Urteil des EuG ist die Rechtsbeschwerde zum EuGH (2. Instanz) zulässig. B. FusionskontrolleAls letzte Vorschrift richtet sich die Fusionskontrollverordnung (FKV) innerhalb des EG-Wettbewerbsbeschränkungsrecht an die Unternehmen. Die FKV ist vom 21. Dezember 1989 Nr 4064/89 abgedruckt in der Beck'schen Textsammlung EGKartellR. Ausgangsüberlegung für den Erlaß dieser VO ist der Präambel zufolge wiederum Art. 3 f EG, der der Gemeinschaft (EG) die Aufgabe überträgt "..ein System zu errichten, das den Wettbewerb vor Verfälschungen innerhalb des Gemeinsamen Marktes schützt". Die Gemeinsame Markt-Doktrin ist freilich von der Verwirklichung des einheitlichen Binnenmarktes von 1992 mittlerweile eingeholt worden, was jedoch nichts an der grundsätzlichen Daseinsberechtigung der FKV ändert.Zu nennen sind hier nur die wichtigsten Vorschriften der FKV: Anwendungsbereich * Der Verfasser ist Student der Rechtswissenschaft in Heidelberg. Ferner studierte er Jura in Göttingen und Nottingham (GB). Von August bis Oktober 2000 verbrachte er praktische Studienzeit in der Kanzlei Berliner, Corcoran & Rowe LL.P., Washington D.C., wo er sich mit Problemen des deutschen und US-amerikanischen Markenrechts mit Bezug zum Internet auseinandersetzte. Weitere Studienschwerpunkte sind das Gesellschafts- und Familienrecht. 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