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Staatenimmunität: Verliert Österreich Klimt im Neunten Bundesbezirk?Erstveröffentlichtung 14. Dezember 2002 In einer Entscheidung von herausragender Bedeutung angesichts der Erfolge der Bundesrepublik Deutschland in der Verteidigung der US-amerikanischen Bundesrechte zum Schutze der Staatenimmunität hat das Neunte Bundesberufungsbezirksgericht in Kalifornien am 12. Dezember 2002 entschieden, dass eine Klage gegen ein staatliches Museum Österreichs auf Herausgabe von während und dann nochmals nach der Nazizeit übernommenen Klimt-Gemälden nicht der Einrede der Staatenimmunität unterfällt. Der Sachverhalt ist noch im Hauptverfahren abzuklären. Nach den bisherigen Feststellungen ist zu erkennen, dass einige Klimt-Gemälde aus jüdischem Privatbesitz testamentarisch dem Museum zugesprochen wurden. Nach dem Anschluss Östereichs an das Hitlerreich wurden sie von der Diktatur in Besitz genommen und schliesslich nach dem zweiten Weltkrieg dem Museum als Gegenleistung für die Ausfuhrfreigabe anderer Gegenstände als Eigentum übertragen. Unklar ist, ob die Übertragung freiwillig oder unter Zwang oder Täuschung erfolgte. Nach dem US-Bundesgesetz zur Staatenimmunität unterliegen Klagen gegen andere Staaten der Einrede der Immunität für souveräne Akte. Das Gesetz, der Foreign Sovereign Immunities Act (FSIA), schafft dabei einen Ausgleich zwischen berechtigen Interessen an der Verfolgung von Rechtsansprüchen vor amerikanischen Gerichten einerseits und an der Ausartung von Klagen gegen souveräne Staaten, die spiegelbildlich im Ausland die Vereinigten Staaten als Beklagte betreffen, andererseits. Der Oberste Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten in Washington hat den FSIA für verfassungsgemäss erachtet, und hat es daher beispielsweise im Princz-Fall gegen Deutschland anfang der neunziger Jahre abgelehnt, eine Revision gegen ein den FSIA bestätigendes Urteils des Bundesberufungsgerichts für den Gerichtsbezirk des District of Columbia in Washington, DC, anzunehmen. Damit gab er der - vom im FSIA-Recht führenden Rechtsanwalt Thomas G. Corcoran schriftsätzlich eingereichten - Rechtsauffassung Recht, eine Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen Massnahmen auch während der Nazizeit unterläge heute dem FSIA. Es lehnte somit ab, eine Ausnahme zum FSIA einzuführen, nach welcher barbarische Staaten anders zu beurteilen seien, wie das Minderheitsvotum der Richterin Wald im Berufungsgericht anregte. In weiteren Verfahren wurde diese Rechtsprechung bestätigt, so in den Zwangsarbeiterverfahren, welche nicht gegen die Bundesrepublik Deutschland geführt werden konnten; in diesen hatte Corcoran für Deutschland als Amicus Curiae die oberstgerichtliche FSIA-Rechtsauffassung dargelegt. Wegen der Anerkennung der Immunität Deutschlands in diesen Verfahren folgte letztlich eine freiwillige Entschädigungslösung der deutschen Wirtschaft im Zusammenwirkung mit dem Staat, die keinem Immunitätsschutz unterliegt. Das moralisch wünschenswerte Ergebnis wurde damit auf dem vom FSIA geförderten politischem Wege erzielt; entsprechendes wünschen sich die Vereinigten Staaten bei vergleichbaren Anstrengungen im Ausland für souveräne Akte der USA, die Rechte von Ausländern verletzen. Im Falle der Klimt-Gemälde war eine politische Lösung vielleicht nicht möglich; jedenfalls wurde Klage erhoben, und das Bundesberufungsgericht des Neunten Bezirks stellte fest, dass die Republik österreich einer seit jeher bestehenden Ausnahme vom Immunitätsschutz unterliege, denn sie habe gegen die Grundsätze internationalen Rechts verstossen. Da sie in den Vereinigten Staaten gewerblich, und dies mit einer gewissen Regelmässigkeit, handele, unterliege sie auch der gerichtlichen Zuständigkeit ausserhalb der Erwägungen des FSIA. Damit seien die Voraussetzungen gegeben, die Einreden der mangelnden Zuständigkeit aufgrund der Immunität sowie der Zuständigkeit über die Beklagte abzuweisen und das Verfahren weiterzuführen: If true, the facts alleged by Altmann establish a taking in violation of international law that confers jurisdiction upon our federal courts, and thus Altmann has presented a substantial and nonfrivolous claim. See Siderman de Blake v. Republic of Argentina, 965 F.2d 699, 711 (9th Cir. 1992) ("At the jurisdictional stage, we need not decide whether the taking actually violated international law; as long as a claim is substantial and non-frivolous, it provides a sufficient basis for the exercise of our jurisdiction.'" (quoting West v. Multibanco Comermex, S.A., 807 F.2d 820, 826 (9th Cir. 1987))), cert. denied, 507 U.S. 1017 (1993). Because Appellants profit from the Klimt paintings in the United States, by authoring, promoting, and distributing books and other publications exploiting these very paintings, these actions are sufficient to constitute "commercial activity" for the purpose of satisfying the FSIA, as well as the predicates for personal jurisdiction. Finally, because the Republic of Austria "does business" in the Central District of California, venue is appropriate there and the principles of forum non conveniens do not counsel otherwise. Maria V. Altmann v. Republic of Austria, a foreign state, and the Austrian Gallery, an agency of the Republic of Austria, United States Court of Appeals for the Ninth Circuit, Aktenzeichen CV-00-08913-FMC, Entscheidung vom 12. Dezember 2002, http://wwhttp://www.sddt.com/databases/appellate/ViewFile.cfm?FileName=9262_0156003.html&Action=View Der Klage in Kalifornien war 1999 ein Versuch der Rechtsnachfolger der ursprünglichen Eigentümer der Gemälde vorausgegangen, im Klagewege die Herausgabe vor österreichischen Gerichten zu verlangen. Nach der Feststellung des Berufungsgerichts in Kalifornien waren jedoch die von der Klägerin vorzustreckenden Kosten so hoch, dass sich eine Klage letztlich verbot, und die Klägerin wandte sich an das amerikanische Gericht. Diese Feststellung ist sicherlich für zahlreiche Verfahren im transatlantischen Rechtsverkehr äusserst bedeutsam, denn sie wirkt sich auf alle Klagen aus, nicht nur die potentiell von einer Staatenimmunität behafteten. Fairerweise stellte das Gericht auch fest, dass die Klägerin vor einem östereichischen Gericht im Falle des Obsiegens zur Kostenerstattung berechtigt sei, was sich ebenfalls vom amerikanischen Recht erheblich unterscheidet, nachdem jede Partei für ihre eigenen Kosten verantwortlich bleibt, sofern nicht eine der seltenen Ausnahmen greift. Im August 2000 wurde die US-Klage gegen den Staat und die Gallerie als staatliche Einrichtung erhoben. Die Beklagten machten die genannten Einreden geltend. Am 4. Mai 2001 wies das Bundesgericht der ersten Instanz die Einreden zurück, und die vorliegende Berufung folgte. In seiner Begründung setzte sich das Berufungsgericht mit dem Dissent der Richterin Wald auseinander, welche das Barbareiprinzip entwickelte und den erst nach der Nazizeit in Kraft gesetzen FSIA als nicht rückwirkend bezeichnete. Aufgrund der fehlenden Retroaktivität musste sie, um das von ihr gewünschte Ergebnis zu erzielen, feststellen, dass auch wegen einer Verletzung internationalen Rechts die Immunität der Bundesrepublik Deutschland nicht bestehe. Diese Rechtsgedanken setzte das Bundesberufungsgericht im vorliegenden Fall auf die Republik Österreich um: “The Princz majority found that Congress's intention for the FSIA to be retroactively applied was manifest in the statute's statement of purpose that "claims of foreign states to immunity should henceforth be decided by courts of the United States and of the States in conformity with the principles set forth in this chapter." Princz, 26 F.3d at 1170 (quoting 28 U.S.C. § 1602).” Da nach der Auffassung des Berufungsgerichts andere Gerichte ebenso wie Richterin Wald in Princz eine Rückwirkung des FSIA ablehnten, wandte er sich dem zweiten Prüfungsschritt zu: “... "whether applying the FSIA would impair rights a party possessed when he acted,' " Princz, 26 F.3d at 1178 (Wald, J., dissenting on other grounds) (quoting Landgraf, 511 U.S. at 280), i.e., whether Austria would have been entitled to immunity for its alleged complicity in the pillaging and retention of treasured paintings from the home of a Jewish alien who was forced to flee for his life.” Obwohl die beklagte Republik die Nazi-Enteignungen widerrufen hatte, stellte sich das Gericht auf den Standpunkt, das erpresserische Hinwirken auf die Überlassung der Klimtgemälde habe Österreich einer Erwartung der Staatenimmunität beraubt. Es berief sich dabei insbesondere auf den sogenannten Tate-Vermerk über die Haltung amerikanischer Gerichte in Fragen der Entschädigung von NAZI-Unrecht bei der Abwägung internationalen Rechts und der Staatenimmunität: Letter from Jack B. Tate, Acting Legal Advisor, Department of State, to the Attorneys for the plaintiff in Civil Action No. 31-555 (S.D.N.Y.), reprinted in Bernstein, 210 F.2d at 376. Es stellte zudem fest, dass die beklagte Republik selbst die Staatenimmunität restriktiv beurteilte und aus diesem Grund bereits keine Zuerkennung der Immunität nach den Grundsätzen internationalen Rechts erwarten dürfe. Schliesslich fand das Gericht, dass die Sachlage auch der Enteignungsausnahme im FSIA entspricht und die Vermarktung der Klimtgemälde in den Vereinigten Staaten durch Kataloge und Bücher in englischer Sprache, verlegt von amerikanischen Verlagen, die notwendige gewerbliche Tätigkeit bedeuteten, die den US-Gerichten eine Zuständigkeit über die Beklagten verleihe. Insgesamt stellt diese von den wesentlichen Präzedenzfällen abweichende Entscheidung bis zu ihrer Würdigung durch den Obersten Bundesgerichtshof eine bedeutsame Entscheidung dar, die in mancher Hinsicht über den neunten Gerichtsbezirk hinauswirken mag. Sie sollte zu eingehender Analyse und Auslegung anreizen und kann ihre Bedeutung auch dann behalten, wenn der Supreme Court sie verwirft. * Der Verfasser ist als Rechtsanwalt und Attorney at Law Partner der Washingtoner Wirtschafts-Kanzlei Berliner, Corcoran & Rowe, LLP, die seit 1946 im FSIA-Bereich ausländische Staaten vertritt. Startseite |